"Im Herzen des Spiels entsteht das Mysterium der Freude"
Julia Cameron
Ich schreibe jeden Tag. Es gibt keinen, der es nicht verdient hätte. Schreiben heißt, sich der Gewalt der Nützlichkeit zu entziehen um etwas Besonderes zu schaffen. Etwas, das im Alltag untergeht. Etwas, das die Schienen, auf denen wir fahren in weichen Sand zu verwandeln - auf dass wir wieder unsere Fußabdrücke erkennen. Wenn wir eigene Schritte machen. Schreiben heißt, all die Dinge wahrzunehmen, die gerade passieren. Dinge, die kein Foto fassen kann, weil sie flüchtiger Natur sind aber dennoch real und mächtig, ob wir es wollen oder nicht.
Schreiben heißt sich zu ermächtigen. Am Anfang war das Wort. Wer kann mit offenen Augen dem widersprechen? Es gibt nichts Weltbewegenderes als ein aufrichtiges Wort. Wir brauchen uns nicht groß machen, wenn das Wort allein Größe besitzt. Wir können uns nur dessen bedienen - oder weiter stammeln und uns wortlos mißverstehen. Schreiben ist der Weg, seine Sprache wiederzufinden - oder sollte man richtiger Weise sagen, seine Sprache zu entwickeln? Existiert etwas wirklich, außer man spricht es aus? Es ist besser es zu versuchen, als sich ein Leben lang nicht zu trauen. Die Worte existieren auch ohne uns - aber nur durch uns können sie zum Leben erwachen.
Alle Macht will erprobt sein. Alle Macht will geübt sein. Jeden Tag. Egal, wieviel Zeit zur Verfügung steht. Deshalb schreibe ich jeden Tag. Ich schreibe auf, was mir gerade einfällt - was meine Aufmerksamkeit bündelt. Ohne darüber nachzudenken, ob es sinnvoll ist oder nicht. Manchmal ist es tiefgründig, manchmal völlig banal. Manchmal erscheint es lyrisch, manchmal plump und sentimental. Aber immer schreibe ich es auf - ohne Zensur. Ich gestatte mir jede Regung, jeden aufrichtigen Impuls. Kritik ist völlig nutzlos, umso mehr sie sich gegen einen selbst richtet. Denn wenn die Strömung stimmt, wird alles zu einem Kunstwerk. Und wenn nicht, gibt es immer noch einen Papierkorb.